Mietvertrag / Tod eines Mieters / Haftung der Erben
Wird das Mietverhältnis im Todesfall des Mieters mit der gesetzlichen dreimonatigen Frist gekündigt, handelt es sich bei den nach dem Tod des Mieters fällig werdenden Forderungen aus dem Mietverhältnis lediglich um Nachlassverbindlichkeiten.
BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 VIII ZR 68/12
Der Vater der Beklagten war Mieter einer Wohnung in Nürnberg. Er verstarb am 8. Oktober 2008. Der Kläger macht gegen die Beklagte als Erbin ihres Vaters Ansprüche aus dem mit dreimonatiger Frist zum 31. Januar 2009 beendeten Mietverhältnis geltend. Er verlangt Zahlung der Miete für die Monate November 2008 bis Januar 2009 sowie Schadensersatz wegen unvollständiger Räumung der Wohnung und nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, insgesamt 7.721,54 Euro. Die Beklagte hat die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben. Das Amtsgericht Nürnberg hat der Zahlungsklage stattgegeben, der Beklagten jedoch die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass des Vaters vorbehalten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Nürnberg-Fürth das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte lediglich zur Zahlung der drei letzten Mieten zuzüglich der Räumungskosten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten war erfolgreich. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass jedenfalls dann, wenn das Mietverhältnis im Todesfall mit der gesetzlichen dreimonatigen Frist gekündigt wird, die nach dem Tod des Mieters fällig werdenden Forderungen aus dem Mietverhältnis reine Nachlassverbindlichkeiten sind. Aus diesem Grund durfte die Beklagte als Erbin die Haftung auf den Nachlass beschränken und muss nicht mit ihrem Eigenvermögen haften. Nachdem bereits das Landgericht die Überschuldung des Nachlasses festgestellt hatte und die Beklagte deshalb die Dürftigkeitseinrede erhoben hatte, war die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Kommentar: Die lange Zeit in der Rechtsprechung und in der juristischen Fachliteratur umstrittene Frage, ob es sich bei den nach dem Erbfall fällig gewordenen Mieten und möglichen Räumungskosten um Nachlassverbindlichkeiten oder Nachlasserbenschulden handelt, hat der Bundesgerichtshof nunmehr zugunsten der Erben entschieden. Die Bundesrichter stellten fest, dass auch die nach dem Tod des Erblassers fällig werdenden Forderungen aus dem Mietverhältnis jedenfalls dann reine Nachlassverbindlichkeiten sind, wenn das Mietverhältnis aufgrund des Todesfalls mit der gesetzlich bestimmten dreimonatigen Kündigungsfrist gekündigt wird. Dies führt dazu, dass im Fall der Überschuldung des Nachlasses des verstorbenen Mieters die Erben, die die Erbschaft nicht ausschlagen beziehungsweise nicht rechtzeitig ausgeschlagen haben, immer noch die Möglichkeit haben, die Dürftigkeitseinrede zu erheben, um nicht mit dem eigenen Vermögen für die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Schulden des Erblassers zu haften.