Mietenspiegel / Gerichtliche Nachprüfbarkeit
Eine Mieterhöhung, die sich innerhalb der Spannen des Mietenspiegels bewegt, kann trotz der formellen Wirksamkeit materiell unbegründet sein.
BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 – VIII ZR 227/10
In Regensburg begehrte der Vermieter die Zustimmung seines Mieters zur Erhöhung der Miete. Zur Begründung nahm der Vermieter Bezug auf den örtlichen qualifizierten Mietenspiegel 2007 der Stadt Regensburg. Die Mieterhöhung war im Wesentlichen mit einem 20-prozentigem Zuschlag zu der sogenannten Basismiete (in Hamburg vergleichbar mit dem Mittelwert eines Mietenspiegelfeldes) mit dem Hinweis begründet, dass die Mieterhöhung in der vom Mietenspiegel vorgesehenen Spannbreite lag. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Regensburg haben die Klage des Vermieters abgewiesen. Auch die Revision blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Auslegung eines Mietenspiegels vergleichbar mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt. Unter Hinweis auf bisherige Rechtsprechung hat das Gericht weiter entschieden, dass für ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen die volle Spannbreite eines Mietenspiegels ausgeschöpft werden kann (VIII ZR 30/09). Im Anschluss daran muss jedoch geprüft werden, ob die vom Vermieter konkret geltend gemachte Mieterhöhung materiell-rechtlich begründet ist. Schließlich haben die Karlsruher Richter festgestellt, dass die Vorinstanz die Angemessenheit der Miete und der Zu- und Abschläge sehr wohl beurteilen konnte, ohne zuvor ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dies war auch deshalb nicht notwendig, weil es sich bei dem Mietenspiegel der Stadt Regensburg um einen qualifizierten Mietenspiegel handelt. Aus diesem Grunde sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass das Mieterhöhungsverlangen unbegründet war, weil die bisherige Miete bereits über den Werten des Mietenspiegels lag.
Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof erfreulicherweise klar gestellt, dass eine Mieterhöhung, die sich innerhalb der Spannen des Mietenspiegels bewegt, trotz der formellen Wirksamkeit materiell unbegründet sein kann. Auch die Feststellung, dass ein Mietenspiegel uneingeschränkt einer revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt, ist zu begrüßen, weil damit eine Einheitlichkeit der Rechtsprechung bei Anwendung und Handhabe der Mietenspiegel gewährleistet wird. Schließlich werden die Instanzgerichte auch ermutigt, die Angemessenheit der geltend gemachten Mieten selbst zu beurteilen und nicht vorschnell auf teuere Sachverständigengutachten auszuweichen, was für die Parteien unangemessen kostspielig ist und nicht unbedingt dem Rechtsfrieden dient.