#Urteile
22.01.2014

Mangelbeseitigung / Opfergrenze

Der Erfolg einer durch den Mieter angestrebten Mangelbeseitigung darf nicht im krassen Missverhältnis zum erforderlichen Aufwand stehen.

BGH, Beschluss vom 22. Januar  2014 – VIII ZR 135/13

Der Erfolg einer durch den Mieter angestrebten Mangelbeseitigung darf nicht im krassen Missverhältnis zum erforderlichen Aufwand stehen.

Der Vermieter hat unmittelbar an das Küchen- und Badezimmerfenster der in Berlin-Moabit belegenen Wohnung seiner Mieterin die Giebelwand eines mehrstöckigen Hauses errichten lassen. Mit ihrer Klage auf Entfernung der Mauer und Herstellung eines Mindestabstands von drei Metern zwischen ihren Fenstern und dem Nachbargebäude war die Mieterin vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten zunächst erfolgreich. Das Landgericht Berlin hat dagegen die Klage abgewiesen. Der BGH hat die Revision der Mieterin zurückgewiesen. Die Karlsruher Richter folgten der Argumentation der Vorinstanz, wonach der Erfolg der angestrebten Mängelbeseitigung in keinem Verhältnis zum erforderlichen Aufwand stehe. Die Kosten eines Teilabrisses des neu errichteten Gebäudes beliefen sich auf einen höheren sechsstelligen Betrag. Zwischen dem Mangelbeseitigungsaufwand und dem Mangelbeseitigungserfolg bestünde daher ein krasses Missverhältnis, das die Opfergrenze überschreite. Hinzu kommt, dass nicht Wohn- sondern lediglich Funktionsräume betroffen seien. Die Mieterin hätte den Baufortschritt hingenommen und den Vermieter nicht rechtzeitig auf Unterlassung in Anspruch genommen. Daran ändere auch nicht das vorsätzliche Vorgehen des Vermieters.

Kommentar: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist bedenklich und schwer vermittelbar. Sie ermuntert bedauerlicherweise regelrecht dazu, vorsätzlich die Rechtsordnung zu verletzen und  belohnt offenkundig das Recht des Stärkeren. Interessant erscheint auch der Kunstgriff, mit dem sich der für Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat über die entgegengesetzte Rechtsprechung des für Sachenrecht zuständigen V. Zivilsenats hinwegsetzt. Nach dieser Rechtsprechung ist schon bei grob fahrlässiger Errichtung eines Überbaus auf einem Nachbargrundstück für die Herstellung des rechtmäßigen Zustands in der Regel unerheblich, mit welchen Kosten die Beseitigung des Überbaus verbunden ist. Was unter Grundstückseigentümern untereinander schon bei grob fahrlässigem rechtswidrigen Verhalten gelten soll, darf nach der Auffassung des VIII. Zivilsenats auf das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter nicht einmal anlässlich einer vorsätzlichen Herbeiführung eines Mangels übertragen werden.  Es bedarf schon einer gewissen Anstrengung, um die Schlussfolgerung zu vermeiden, dass Rechtsverhältnisse zwischen Eigentümern untereinander und zwischen Eigentümern und Mietern unterschiedlich gewürdigt werden. Nur wenn wohlwollend unterstellt wird, dass der VIII. Zivilsenat die Untätigkeit der Mieterin angesichts des Baufortschritts der Nachbarbebauung als maßgebliches und entscheidungserhebliches Kriterium bei der Gesamtbetrachtung angesehen hat, könnte die vom VIII. Zivilsenat vertretene Auffassung noch als hinnehmbar angesehen werden. In vergleichbaren Fällen ist den Mietern zu empfehlen, sich unverzüglich vom örtlichen Mieterverein sachkundig beraten zu lassen. Der Fall zeigt, dass jedes nett gemeinte Zögern als Entgegenkommen gewertet und zum Rechtsverlust des Mieters führen kann.

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