#Urteile
16.12.2020

Kündigung wegen Abriss des Gebäudes

Ein Grund für eine Verwertungskündigung liegt nicht vor, wenn das Gebäude ersatzlos abgerissen werden soll.

Urteil vom 16. Dezember 2020 – VIII ZR 70/19

Die Mieter bewohnen ein ehemaliges Landarbeiterhaus und zahlen eine Grundmiete in Höhe von monatlich 60 Euro. Das Badezimmer befindet sich in einem ansonsten ungenutzten Seitenflügel des Hauses. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit der Begründung, der Seitenflügel müsse aus wirtschaftlichen und statischen Gründen abgerissen werden. Eine weitere Vermietung sei ihm auch nicht zumutbar, da eine Wiederherstellung des Anbaus nicht mehr „ansatzweise darstellbar“ sei. Dieser sei baufällig und nur unter großen Gefahren begehbar. Während des Rechtsstreits kündigte der Vermieter mit der zusätzlichen Begründung, dass nach Vorliegen eines Gutachtens der Badeinbau circa 26.000 Euro kosten würde und ihm aufgrund der geringen Miete nicht zuzumuten sei.

Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, hatte der Vermieter auch vor dem BGH keinen Erfolg. Ein Grund für eine Verwertungskündigung läge nicht vor. Diese würde voraussetzen, dass der Vermieter bei einer Weitervermietung an einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert sei und ihm daher ein erheblicher Nachteil entstünde. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht gegeben, da der Vermieter lediglich einen Abriss vornehmen wolle und im Übrigen nach eigenem Bekunden nicht wisse, was er mit dem Grundstück „anfangen“ wolle. Er würde daher durch den Abriss lediglich die Kosten der Badsanierung sparen. Voraussetzung sei jedoch grundsätzlich die Vornahme eines Ersatzbaues. Auch ein ansonsten schutzwürdiges allgemeines Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses sei nicht gegeben. Es habe eine umfassende Würdigung aller Einzelumstände unter Abwägung der Vermieter- und Mieterinteressen zu erfolgen. Auch hier habe jedoch das Landgericht zu Recht angenommen, dass dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses jedenfalls zumutbar sei, auch wenn durch die Mieteinnahmen sich der Ausbau nicht ohne Weiteres amortisieren ließe. Zu berücksichtigen sei immerhin auch der vergleichsweise überschaubare Aufwand der Sanierung, die beispielsweise auch mit Inanspruchnahme einer Finanzierung hätte erfolgen können.

Kommentar: Die Entscheidung ist zu begrüßen. Nur in Extremfällen wäre insoweit eine Kündigung möglich, ohne dass der Vermieter auch gleichzeitig einen Neubau plant. Voraussetzung wäre eine exorbitante und nicht zumutbare Kostenbelastung. Im Übrigen wäre auch bei einem geplanten Alternativbau durch den Vermieter umfassend darzulegen, dass eine weitere Fortsetzung des bestehenden Mietverhältnisses aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar sei. Eine Kündigung, die im Ergebnis offenkundig lediglich im Zusammenhang mit einer aus Vermietersicht zu geringen Miete erfolgt, kann keine Wirksamkeit entfalten. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses führt erkennbar zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des Vermieters. Zudem würde die Sanierung und die damit einhergehende Wertsteigerung des Objekts sich bei einem späteren Verkauf erkennbar durch eine höhere Kaufpreiserwartung bezahlt machen. Derartige Interessen oder Aussichten können einen aktuellen Räumungsanspruch gerade nicht begründen.

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