#Urteile
05.03.2013

Heizkosten / Erfassungsmangel / Schätzung des Gerichts

Kann der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen, muss der Vermieter den Wärmeverbrauch des Mieters schätzen.

BGH, Beschluss vom 5. März 2013 – VIII ZR 310/12

Kann der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen, muss der Vermieter den Wärmeverbrauch des Mieters schätzen.

Der Mieter einer Wohnung in Fürth weigerte sich, die sehr hohe Nachzahlung aus der Heizkostenabrechnung für die Abrechnungsperiode 2008 zu leisten, weil er den Ablesewert am Heizkörper in seiner Essecke für wesentlich zu hoch hielt. Der Klage der Vermieterin auf Zahlung des Nachzahlungsbetrages gegen den Mieter hat das Amtsgericht Fürth stattgegeben. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat das Urteil abgeändert und im Wesentlichen dem Mieter Recht gegeben. Die Bewertung durch den Sachverständigen hat ergeben, dass der Ablesewert an dem fraglichen Heizkörper schon aus physikalischen Gründen nicht zutreffen kann. Auch bei einer angenommenen unrealistischen Außentemperatur von minus 16 Grad Celsius und rund um die Uhr voll aufgedrehtem Heizkörper konnte der fragliche Verbrauchswert nicht erreicht werden. Aus diesem Grunde wurde der Wärmeverbrauch „aus zwingenden Gründe“ nicht ordnungsgemäß erfasst. Die Vermieterin hätte den Verbrauch nach der Vorgabe der Heizkostenverordnung schätzen müssen. Da sie die Schätzung unterlassen hat, ist die auf dem Ablesewert des betroffenen Heizkörpers entfallenen Heizkosten insgesamt zu streichen. Das Berufungsgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, um die Frage zu klären, ob bei einem unplausiblen Ausreißer des Ablesewerts an einem Heizkörper eine Schätzung nach der Heizkostenverordnung zulässig sei und ob diese Schätzung ggf. vom Gericht selbst vorzunehmen wäre. Der Bundesgerichtshof hat keinen Grund gesehen, die Revision zuzulassen. Das Gericht weist darauf hin, dass die fragliche Messung offenkundig nicht nachgeholt werden kann, so dass hier die Schätzung nach der Heizkostenverordnung vorzunehmen ist. Die Vermieterin hätte den Verbrauch entweder auf Grundlage des Verbrauches der betroffenen Räume in vergleichbaren früheren Abrechnungszeiträumen oder des Verbrauches vergleichbare andere Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum vornehmen müssen. Soweit eine Verbrauchserfassung nach den entsprechenden Schätzungen nicht möglich ist, bleibe nur eine verbrauchsunabhängige Abrechnung, etwa nach Wohnfläche, wobei dann eine Kürzung von 15% vorzunehmen ist.

Kommentar: Auch wenn der Bundesgerichtshof die Revision nicht zugelassen hat, enthalten die Ausführungen sachdienliche Hinweise für die Praxis. Ist ein einzelner Ablesewert unerklärlich hoch, hat der Vermieter zunächst die Möglichkeit, von dem Schätzverfahren nach der Heizkostenverordnung Gebrauch zu machen. Der verbrauchsabhängig abzurechnende Teil der Heizkosten wird dann innerhalb der gesamten Liegenschaft anders verteilt. Unterlässt der Vermieter die Schätzung, kann der Mieter von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen und die Zahlung eines Nachzahlungsbetrages verweigern. Voraussetzung dafür ist aber, dass ein Ablesewert als offenkundig unplausibel anzusehen ist. Da dies nur durch ein sehr teures Sachverständigengutachten ermittelt werden kann, empfiehlt es sich in der Praxis für die Parteien des Mietvertrages nach Lösungen zu suchen, die das Kostenrisiko minimieren und trotzdem zu einem sachgerechten Ergebnis führen.

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