Editorial

Dr. Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins und Chefredakteur des MieterJournals, schreibt im Editorial der Mitglieder-Zeitschrift über Wohnungspolitik, die aktuelle Situation auf dem Hamburger Wohnungsmarkt und die Sorgen der Mieterinnen und Mieter.
Das MieterJournal erscheint vierteljährlich - immer am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember.
Ausgabe 1/2023: Maximales Gewinnstreben und Eigennutz gehören verächtlich gemacht

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
willkommen im Jahr 2023! Wäre das Jahr eine Regierung, endete jetzt, nach den ersten hundert Tagen, seine Schonfrist. Zeit für die erste Analyse. Was lief gut, was lief schlecht, was können wir noch erwarten? Ich habe bisher den Eindruck gewonnen, dass sich Dinge in die richtige Richtung bewegen. Darüber wollen wir in diesem Heft berichten.
Veränderungen können Bedenken und Ängste auslösen. Dabei sollten Optimismus und Resilienz die Grundlagen für das Mindset in einem gelungenen Veränderungsprozess bilden. Mindset, dieser Modebegriff, der beschreiben soll, dass die geistige Grundhaltung wesentlich für die Art ist, wie wir mit Dingen umgehen, wird ergänzt um das Heartset, das meint, auch die innere Überzeugung und Leidenschaft müssen für das Gelingen eines Vorhabens stimmen. Mir gefallen diese Gedanken. Denn ich finde, es braucht dringend eine Neuausrichtung von Herz und Verstand, hin zu Ressourcenbewusstsein, Gemeinwohl und Zwischenmenschlichkeit. Maximales Gewinnstreben und Eigennutz gehören verächtlich gemacht und dürfen das Handeln in Chefetagen und Regierungen nicht länger bestimmen.
Das gilt auch für den Wohnungsbau. Neubau und energetische Sanierung, Klimaziele und Energiewende, alles muss bezahlbar für die Mieter umgesetzt werden. Diese Ziele, die nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von uns allen erreicht werden können, brauchen die richtigen Ausgangsbedingungen. Und bis sie erreicht sind? Müssen wir dafür Sorge tragen, dass niemand mit den Kosten seiner Lebenshaltung überfordert ist, müssen wir die Schwächsten stützen und solidarisch sein. Ob Wohngeld, Bürgergeld, Grundsicherung oder Härtefonds: Wer in Bedrängnis gerät, kann und sollte einen Antrag stellen. Bloß keine falsche Scham!
Denn je mehr sich die Nebel über den neuen Regelungen zum Gas- und Fernwärmedeckel lichten, desto deutlicher wird, dass die Begrenzung der Kosten je Kilowattstunde auf zwölf beziehungsweise neun Cent weder sämtliche Kosten rund um die Energieversorgung begrenzen, noch sämtlicher Verbrauch erfasst ist. Und die Energieabrechnung 2022, die jetzt ansteht, erhalten wir alle ohne jeden Deckel. Hohe Abrechnungen bleiben also ein Thema und viele werden auf Unterstützung angewiesen sein. Lassen Sie uns helfen, jeder wo er kann!
Falls Sie Wohnraum vermieten: Verzichten Sie auf eine Mieterhöhung, auch wenn sie rechtlich möglich wäre, Sie aber wirtschaftlich nicht darauf angewiesen sind. Überlegen Sie sich, wie hoch die neue Miete für Ihre Wohnung sein muss, um Ihre Kosten zu decken und begrenzen Sie sie dort. Setzen Sie sich mit den Anliegen Ihrer Mieterinnen und Mieter auseinander. Und für uns alle gilt: Seien wir nett zueinander! Egal wie weit wir inhaltlich auseinanderliegen, mit persönlichen Anfeindungen werden wir nicht weiterkommen.
Kommen Sie gut durch diese wilde Zeit.
Ihr Dr. Rolf Bosse
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 4/2022: Der Mieterverein erweitert seine Angebote

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr neigt sich seinem Ende zu. Es kommt mit den Feiertagen die Zeit des Rückblicks und der Standortbestimmung. Welche Anliegen beschäftigen die öffentliche Debatte, was treibt die Menschen um? Was bedeutet das für den Mieterverein zu Hamburg? Ich bekomme im täglichen Dialog mit Ihnen mit, wie sehr Sie sich sorgen um die Energiekosten und sich fragen, ob Sie künftig Ihre Miete zahlen können. Die Beratungsanfragen zu Betriebs- und insbesondere zu Heizkostenabrechnungen haben enorm zugenommen.
Unser Ziel ist es, jeden Fall zu klären und bestmöglich Hilfestellung zu bieten. Konsequent mobilisiert der Mieterverein dafür zusätzliche Ressourcen und geht neue Wege in der Beratung, um Ihnen in gewohnter Qualität zur Seite zu stehen. Sie sollen sich auch in Zukunft auf uns verlassen können! Darum haben wir uns nicht nur personell erheblich vergrößert, auch die Digitalisierung treiben wir voran. In diesem Heft wollen wir Sie über unsere Arbeit und unser Beratungsangebot informieren. Machen Sie sich ein Bild, wie vielfältig der Mieterverein ist, und lassen Sie uns wissen, was Sie gut finden, was Sie verändern würden und was Sie vermissen!
Zu seinen Aufgaben gehört neben der Beratung seiner Mitglieder auch, dass der Mieterverein seine Stimme erhebt bei Politik und Wohnungswirtschaft und nicht zuletzt in der Presse. Die Zukunft des Wohnens bezahlbar zu gestalten, ist wichtiger denn je. Angesichts der Herausforderungen des Klimaschutzes entwickelt der Hamburger Senat ein energetisches Sanierungskonzept für den gesamten Wohngebäudebestand sowie eine koordinierte Energiewende. Wichtige Projekte, die der Mieterverein selbstverständlich kritisch begleitet. Denn all das kostet Geld, und es darf nicht sein, dass Mieter hierdurch noch mehr belastet werden.
Zugleich entwickeln Bundesregierung und Senat Schutzmechanismen für Bürgerinnen und Bürger, die sich ihre Energiekosten nicht mehr leisten können. Etwas Sicherheit in dieser unsicheren Zeit zu bieten, ist essentiell. Umso wichtiger ist die zum März beschlossene Gas- und Fernwärmepreisbremse, die rückwirkend ab Januar greifen soll. In Planung ist zudem ein Hamburger Härtefonds, der Mittel für Betroffene bereithalten soll, denen weder Wohngeld- noch Sozialleistungen zustehen. Wie diese Hilfen genau ausgestaltet werden, steht zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Der Mieterverein wird sich aber dafür einsetzen, dass niemand ohne Unterstützung bleibt.
Neue Wege lassen sich nur gemeinsam beschreiten. Ich kann mich glücklich schätzen, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Mietervereins als ein Team verstehen, das sich jeden Tag aufs Neue engagiert und motiviert der vielen Anliegen annehmen will, die an uns herangetragen werden. Ihnen gilt mein besonderer Dank.
Ich wünsche Ihnen, liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser, eine glückliche Weihnachtszeit, einen schwungvollen Jahreswechsel und auch im Jahr 2023 viel Kraft und Zuversicht! Kommen Sie gut durch diese wilde Zeit.
Ihr Dr. Rolf Bosse
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 3/2022: Energiekrise: Hamburgs Mieter müssen sich warm anziehen

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
was für ein Sommer! Während ich diese Zeilen schreibe, liegen Wochen mit Temperaturen oft über 30 Grad, kaum Regen, dafür viel Sonne hinter uns. Meteorologen berichten vom trockensten Jahr im letzten Vierteljahrtausend. Die steigenden Durchschnittstemperaturen führten dazu, dass die Erde immer stärker ausdorrt. Wir müssten uns auf weitere Dürrejahre einstellen und sollten durch Maßnahmen dafür sorgen, dass das Wasser länger im Boden, in der Stadt, bleibt. Diese Szenarien müssen wir im Wohnungsbau und in der Stadtentwicklung berücksichtigen!
Apropos Wohnungsbau: Hier hat sich im letzten Vierteljahr nichts getan, wir warten nach wie vor auf ein umfassendes Konzept unserer Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Auch und gerade in diesen Zeiten brauchen wir bezahlbare Wohnungen, sodass wir mit dem Deutschen Mieterbund vor allem die Umsetzung des Regierungsziels, jährlich 100.000 Sozialwohnungen bundesweit fertigzustellen, unterstützen. Davon müssen 5.000 in Hamburg entstehen.
Sonne und Wärme tun mir gut, Ihnen auch? Leider hat beides im Übermaß so schlimme Folgen. Doch wenn Sie diese Zeilen lesen, wird es schon kühler sein und der Herbst naht, mit seinen eigenen Herausforderungen. Mit zunehmender Sorge beobachten die Menschen die Entwicklung bei den Energiekosten. Sie hoffen auf schnelle Unterstützung aus Berlin. Doch dort hat man erst einmal eine Gasumlage für alle beschlossen, die in ihrer Urfassung dazu geführt hätte, dass die Gewinne der Gasgroßhändler sichergestellt wären. Eine solche Umverteilung wäre unerträglich musste gestoppt werden! Ich hoffe, dass nun endlich Instrumente beschlossen werden, die Beziehern unterer bis mittlerer Einkommen helfen, ihre Heizkosten zu bezahlen.
Dafür streiten wir und befassen uns in diesem Heft schwerpunktmäßig mit allen Fragen rund um Heizkosten und Abrechnungen. Angesichts der vielen Ursachen für hohe Verbräuche und Nachzahlungen sollte jede Abrechnung genau geprüft werden. Nutzen Sie dazu unsere Beratung und auch die digitalen Angebote in unserem Mitgliederbereich sowie die Online-Checks auf unserer Internetseite!
Allzu leicht gerät aus dem Blick, dass auch bei den Mieten der nächste Preisschock droht. Bereits jetzt müssen Mieter mit Indexverträgen kräftig draufzahlen. Mit dem Mietenspiegel 2023, der laut Gesetz entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex fortgeschrieben wird, erfasst die Teuerung aber auch alle weiteren Mietverträge. Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung den versprochenen Mieterschutz umsetzt und zum Beispiel die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen senkt.
SAVE THE DATE für Kundgebungen und Demonstrationen am bundesweiten Aktionstag am 8. Oktober! Weitere Infos finden Sie auf unserer Internetseite. Machen Sie mit und kommen Sie gut durch diese wilde Zeit.
Ihr Dr. Rolf Bosse
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 2/2022: Mieterverein unterstützt Initiativen

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
gestatten, ich bin der Neue!
Mit der Übernahme des Vorsitzes des Mietervereins zu Hamburg darf ich mich Ihnen zugleich als neuer Chefredakteur unseres MieterJournals vorstellen! Über die überwältigende Zustimmung bei meiner Wahl freue ich mich genauso wie auf die von mir liegende Zeit. Es mangelt nicht an Aufgaben und Herausforderungen. Unsere Welt ist so unberechenbar wie seit vielen Jahren nicht mehr.
Zugleich stehen wir vor zahlreichen gesellschaftspolitischen Aufgaben. In Zeiten der Energie- und Klimawende suchen wir nach der Lösung der Frage, wie genug bezahlbarer Wohnraum in Hamburg geschaffen und erhalten werden kann. Und die scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Nicht nur hat die alljährliche Studie des Gymnasiums Ohmoor einen erheblichen Anstieg der Neuvermietungsmieten ermittelt. Hinzu kommt ein eklatanter Einbruch bei den Wohnungsbauzahlen. 2021 sind in Hamburg 33,8 Prozent weniger Wohnungen fertiggestellt worden als im Vorjahr. Die Mitte Mai vom Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein veröffentlichte Zahl von 7.461 Wohnungen ist die seit 2014 niedrigste Neubauzahl der Hansestadt.
Das darf nicht so bleiben. Muss es auch nicht! Ich konnte mich sowohl auf dem Wohngipfel der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen im März als auch beim 8. Hamburger Immobilienforum im Juni davon überzeugen, dass alles da ist, was wir brauchen, um weiterhin jedes Jahr 10.000 Wohnungen in Hamburg zu bauen. Doch es kommt ganz entscheidend darauf an, welche Art von Wohnraum geschaffen wird. Neben dem Sozialwohnungsbau kann es nicht nur frei finanzierte Neubauwohnungen für über 14 Euro pro Quadratmeter geben.
Doch wie soll bezahlbarer Neubau finanziert werden – bei steigenden Zinsen, explodierenden Rohstoffkosten und Fachkräftemangel? Die Antwort hierauf lautet: Die Förderbedingungen für den Wohnungsbau müssen an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und auch auf den preisfreien Neubau erstreckt werden. Hierfür stehen Senat und Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) bereit. Die Wohnungswirtschaft muss die ausgestreckte Hand des Senats nur ergreifen, dann wird sich das Neubaudebakel 2022 nicht wiederholen. Als Gegenleistung für die Förderung im preisfreien Bereich werden bezahlbare Neuvermietungsmieten vereinbart. Wenn die Finanzierung aus IFB- und KfW-Bank-Mitteln erfolgt, können städtische Grundstücke auch ohne Weiteres im Wege des Erbbaurechts für den Wohnungsbau vergeben werden.
Der Mieterverein zu Hamburg hat die Aufgabe, sich neben der individuellen Beratung seiner Mitglieder für die Verbesserung der Bedingungen aller Hamburger Mieterinnen und Mieter einzusetzen. Als Landesverband im Deutschen Mieterbund stehen wir mit unseren Partnervereinen für die Rechte aller Mieterinnen und Mieter Deutschlands ein. Das haben wir bisher getan und das werden wir weiterhin tun. Indem wir Diskussionen anstoßen. Indem wir uns einmischen. Indem wir für Sie da sind, wenn Sie uns brauchen.
Kommen Sie gut durch diese wilde Zeit!
Ihr Dr. Rolf Bosse
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 1/2022: Mietenspiegel 2021

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Leserinnen und Leser,
der starke Anstieg der Durchschnittsmiete nach dem Mietenspiegel 2021 hat Ende letzten Jahres nicht nur in Hamburg, sondern auch bundesweit wie eine Bombe eingeschlagen.
Was ist geschehen? Das von der Fachwelt und überwiegend auch von der Politik bis vor kurzem in höchsten Tönen gelobte Hamburger Bündnis für das Wohnen wird plötzlich von heute auf morgen infrage gestellt. Ohne Kenntnisse der Ursachen für den 2019 zunächst gering und im Jahre 2021 stark ausgefallenen Anstieg der Mietenspiegelmieten (siehe Seite 6) meinen Kritiker, in der Lage zu sein, den Daumen senken zu können. Viele, die in der Vergangenheit die hohen Fertigstellungszahlen des Senats für illusorisch gehalten haben und dann den abgeschwächten Anstieg der Mieten des Mietenspiegels 2019 zum Anlass nahmen, den Stopp des Wohnungsbaus wegen angeblicher Sättigung des Markts zu fordern, meinen jetzt, das Scheitern der Hamburger Wohnungsbaupolitik ausgemacht zu haben.
Bei aller berechtigten Kritik wird die naheliegende Frage nicht gestellt, wie die Mieten in Hamburg sich ohne den Wohnungsbauboom im vergangenen Jahrzehnt entwickelt hätten. Die Kritiker zeigen mit dem Finger auf den vermeintlich Schuldigen und ignorieren, dass die 80.000 Neubauwohnungen – davon rund 24.000 Sozialwohnungen – von Haushalten bezogen wurden, die ansonsten unversorgt geblieben wären. Sie wollen sich nicht eingestehen, dass die hochgerechnet gut 140.000 mit Wohnraum versorgten Bürgerinnen und Bürger Hamburgs ohne den Neubau die große Zahl der Wohnungssuchenden nicht nur erhöht, sondern alle damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Probleme verstärkt hätte.
Was man deshalb auf keinen Fall machen darf, ist, den aktuellen Mietenspiegel zum Anlass zu nehmen, den mühevollen Weg des dringend benötigten Wohnungsneubaus zu verlassen. Es ist aber auch kein Geheimnis, und darauf hat der Mieterverein zu Hamburg immer wieder hingewiesen, dass in Hamburg nicht nur viele, sondern auch die richtigen Wohnungen gebaut werden müssen. Wohnungen, die für die meisten Hamburger Haushalte bezahlbar sind. Bekannt ist aber auch, dass der Wohnungsmarkt neben dem Neubau vor allem eine kluge und wirksame Regulierung der Bestandsmieten benötigt. Auch der vom Deutschen Mieterbund und unserem Verein geforderte befristete Mietenstopp gehört dazu. Der Mieterverein zu Hamburg wird sich auch dafür einsetzen, dass aufgrund der bisherigen, bei der Erhebung und Gewichtung der Mietdaten gesammelten Erkenntnisse rechtssicher nachjustiert und im Mietenspiegel 2023 berücksichtigt werden.
Als Chefredakteur unseres MieterJournals möchte ich mich an dieser Stelle von Ihnen verabschieden, für Ihre Lesetreue danken und den Staffelstab an meinen geschätzten Kollegen Dr. Rolf Bosse weiterreichen. Mein besonderer Dank gilt auch dem Redaktionsteam für die vertrauensvolle und fruchtbare Zusammenarbeit in den zurückliegenden Jahren.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 4/2021: Mietenspiegel 2021

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Leserinnen und Leser,
Hamburgs Mieterinnen und Mieter und die Wohnungswirtschaft haben aus unterschiedlichen Gründen mit Spannung auf den neuen Hamburger Mietenspiegel 2021 gewartet. Die einen, weil sie fürchten müssen, dass die durch den neuen Mietenspiegel wiedergegebene höhere ortsübliche Vergleichsmiete zum weiteren Anstieg der schon jetzt ihr finanzielles Leistungsvermögen überschreitenden Mietbelastung führen wird. Die anderen, um die Mieten mit Hilfe des Mietenspiegels erneut erhöhen zu können.
Auch wenn der Mietenspiegel von einigen Mietenden als Teufelszeug angesehen wird, das das Drehen an der Mieterhöhungsschraube erlaubt und viele Vermietende darin ein Instrument sehen, das sie in ihrer wirtschaftlichen Entfaltung unangemessen behindern soll, muss vor allem seine seit Jahrzehnten gleichwohl bestehende Befriedungsfunktion hervorgehoben werden.
In Vergessenheit gerät dabei nicht selten, dass vor genau 50 Jahren die sozial-liberale Koalition das vom Deutschen Mieterbund als „Sternstunde für die Mieter“ bezeichnete Wohnraumkündigungsschutzgesetz gegen den heftigen Widerstand der CDU/CSU verabschiedete. Erst das neue, Anfang 1972 in Kraft getretene soziale Mietrecht hat dafür gesorgt, dass die bis dahin ohne Angabe von Gründen zulässigen Änderungskündigungen abgeschafft und Mietenden nur noch wegen eines „berechtigten Interesses“ gekündigt werden durfte. Hinzu kam die Beschränkung der Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete, die am aussagekräftigsten durch den Mietenspiegel wiedergegeben wird.
Richtig ist allerdings auch, dass nach einem halben Jahrhundert bei der Ermittlung der Vergleichsmiete und den dafür erforderlichen Instrumenten, wie zum Beispiel die Erstellung der Mietenspiegel, dringender Nachbesserungsbedarf besteht. Dabei sind zum Beispiel erneut alle Mietverhältnisse, und nicht nur die in den letzten sechs Jahren erhöhten Mieten, im Mietenspiegel abzubilden. Auch die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen muss auf die durchschnittliche Teuerungsrate der letzten drei Jahre reduziert werden. Erforderlich ist auch eine Mietpreisbremse, die ihren Namen verdient, und die wirksame Bekämpfung der Wuchermieten, um auszuschließen, dass überhöhte Mieten die Mietenspiegelwerte verfälschen.
Leider scheint die Ampelkoalition die Chance zu verspielen, bei der Verbesserung der Lage der Mieterinnen und Mieter an den Aufbruch der 1970er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts anzuknüpfen. Die für den Schutz der Mietenden erforderlichen gesetzlichen Instrumente sind bekannt. Angesichts der vor den Wahlen vollmundigen gemachten Versprechen sind die Regelungen des Koalitionsvertrages für die Mietenden mehr als enttäuschend.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 3/2021: Bundestagswahl 2021: Gehen Sie zur Wahl

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Leserinnen und Leser,
ist es nicht erschreckend, dass auch in Hamburg, angeblich die schönste Stadt der Welt, vor allem Menschen ohne üppig gefüllte Geldbörse immer größere Probleme haben, sich angemessen mit Wohnraum zu versorgen? Aber auch Mieterhaushalte, die in der Vergangenheit das Glück hatten, eine bezahlbare Wohnung zu ergattern, fragen sich angesichts der hohen Preise immer häufiger, wie lange sie ihre Wohnung noch halten können. Besorgniserregend ist insbesondere, dass immer mehr Menschen nicht nur die Mieten nicht zahlen können, sondern auch die Mehrheit der finanziell besser gestellten Haushalte, die der hohen Mietbelastung entgehen wollen, vom Kauf einer Wohnung in Hamburg nur noch träumen können. Mit dem immer größer werdenden Problem der steigenden Wohnkosten, die in den Ballungszentren nicht selten zum Armutsrisiko werden, befasst sich unsere Titelstory unter Bezugnahme auf die neue Studie des Hans-Böckler-Instituts.
In dem Interview mit dem Präsidenten des Deutschen Mieterbunds Lukas Siebenkotten (Seite 9) geht das Mieter Journal anschließend den Fragen auf den Grund, was in der jüngsten Vergangenheit bei der Wohnraumversorgung der Bevölkerung in Deutschland und in Hamburg schiefgelaufen ist und mit welchen Instrumenten das Wohnraumproblem in Deutschland nachhaltig gelöst werden kann. Die sich immer mehr zuspitzende Situation vor allem auf den Wohnungsmärkten der Großstädte hat zu der Großdemonstration am 11. September 2021 in Berlin gegen hohe Mieten und Verdrängung mit tausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern geführt. Zu den Initiatoren gehört auch unser Dachverband, der Deutsche Mieterbund. Auch die Spitze des Mietervereins zu Hamburg, vertreten durch den Vorsitzenden und zahlreiche Vorstandsmitglieder, waren dabei, um sich unmittelbar vor den Bundestagswahlen nachdrücklich für eine bessere Mietenpolitik der zukünftigen Bundesregierung einzusetzen.
In wenigen Tagen, bei den Wahlen zum Bundestag am 26. September, können auch Hamburgs Mieterinnen und Mieter mit ihrer Stimme zu erkennen geben, was sie von der Mieten- und Wohnungspolitik der zur Wahl stehenden Parteien halten. Einen Überblick darüber, wie die im Bundestag vertretenen Parteien die Lage der auf eine Wohnung angewiesenen Menschen lösen wollen, haben wir für Sie zusammengestellt (siehe Titelstory). Liebe Mitglieder, nunmehr liegt es in Ihrer Hand, zu entscheiden, welcher Partei Sie Ihr Vertrauen für die nächsten vier Jahre schenken. Das Allerwichtigste ist aber, dass Sie nicht nur das Recht, sondern, wie ich meine, auch die staatsbürgerliche Pflicht haben, tatsächlich wählen zu gehen. Mit Ihrer Stimme können Sie Einfluss nehmen und entscheidend dazu beitragen, dass die Zahl derjenigen, die der Wahlurne fernbleiben, um anschließend die Gesamtumstände lautstark zu beklagen, nicht weiterwächst.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 2/2021: Hamburgs Weg in die Zukunft: bezahlbarer Wohnraum, grünes Umfeld, emissionsarme Mobilität

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Leserinnen und Leser,
bei der alles überlagernden Corona-Pandemie scheint es endlich Licht am Ende des Tunnels zu geben. Schön wäre es, wenn dies auch für den Wohnungsmarkt in Hamburg gelten könnte.
Hilfreich war es immerhin, dass sich der Hamburger Senat nicht dazu verleiten ließ, „juristisches Neuland“ zu betreten und den Berliner Mietendeckel auch für die Hansestadt zu erlassen. Spätestens seitdem das Berliner Mietendeckel-Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde, hat sich die Zurückhaltung des Mietervereins zu Hamburg in dieser Frage als richtig erwiesen. Hamburger Mieterhaushalte müssen sich deshalb auch keine Sorgen machen, wie sie die einbehaltenen Mieten nachzahlen oder ob der am Ende dieses Jahres erscheinende qualifizierte Mietenspiegel von allen beteiligten Interessenvertretern mitgetragen wird.
Leider sorgt die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt in Hamburg nicht für das ersehnte Licht am Ende des Tunnels. Daran ändert auch die alljährliche Untersuchung des Gymnasiums Ohmoor nichts, die Neuvertragsmieten von aktuell 13,40 Euro ermittelt hat. Es steht außer Frage, dass der geringe Rückgang der Neuvertragsmieten um 0,05 Euro gegenüber dem Vorjahr auch mit der hohen Zahl der neugebauten Wohnungen korrespondiert. Die vorübergehende Atempause für Hamburgs Mieterinnen und Mieter dürfte aber vor allem auf die Corona-Pandemie und das schwindende Zahlungsvermögen der Wohnungsinteressenten zurückzuführen sein.
Die Untersuchung zeigt aber auch, dass die Neuvertragsmieten nach wie vor um mehr als 50 Prozent über der Durchschnittsmiete des Hamburger Mietenspiegels von 8,66 Euro liegen. Schon dieses Faktum zeigt, dass die bisherigen Regelungen zur Begrenzung der Mieten die beabsichtigte Wirkung mangels Sanktionen nicht erzielen. Auch die Auswertung der Online-Checks des Mietervereins zu Hamburg belegen das. In 90 Prozent der untersuchten Fälle war der Verdacht eines Verstoßes gegen die Mietpreisbremse anzunehmen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass ohne eine längst überfällige verschärfte Regulierung des Mietpreisrechts durch den Bund der Anstieg der Mieten gestoppt werden kann.
Für den Hamburger Wohnungsmarkt gibt es deshalb keinen Grund für Entwarnung. Sobald die Pandemie überwunden ist, wird der starke Bevölkerungszuzug erneut einsetzen und der Wohnungsmarkt noch enger. Der Senat sollte sich insbesondere von den laut artikulierten Stimmen der mit Wohnraum meist gut versorgten Umweltschützer davon nicht abhalten lassen, am Wohnungsneubau festzuhalten. Nachjustiert werden muss allerdings bei dem Anteil der geförderten Wohnungen. Hamburg als Stadtstaat benötigt bei dem knappen Bauland für breite Bevölkerungsschichten vor allem bezahlbaren Wohnraum und nicht teure Eigentumswohnungen, die für die meisten Mieterinnen und Mieter unerschwinglich bleiben.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 1/2021: Bezahlbarer Wohnraum fehlt in Hamburg

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
von einer Entspannung auf dem Hamburger Wohnungsmarkt kann auch 2021 nicht die Rede sein, auch wenn der Senat in den vergangenen Jahren bundesweit beachtete positive Impulse für den Wohnungsbau gesetzt hat. Zu spüren bekommen das insbesondere Haushalte, die im unteren Drittel der Einkommensskala liegen. Laut einer Studie des Eduard-Pestel-Instituts haben sich die von den Jobcentern gezahlten Kosten der Unterkunft für Einpersonenhaushalte in den letzten acht Jahren um mehr als 55 Prozent erhöht (siehe auch Titelstory Seite 6). Vergleichbares ist auch im preiswerteren Wohnungsbestand zu beobachten, bei gleichzeitigem Anstieg der Verbraucherpreise um nur 6,5 Prozent.
Trotzdem wird von interessierter Seite immer wieder der Versuch unternommen, eine Entspannung des Wohnungsmarkts herbeizureden. Nun muss sogar die Corona-Krise dafür herhalten. Kein Geringer als Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hält nach Angaben des NDR wegen der pandemiebedingt hohen Zahl von Beschäftigten im Homeoffice eine mittel- und langfristige Entspannung des Wohnungsmarkts für möglich. Das mobile Arbeiten außerhalb der Stadtgrenzen werde nach dieser Leseart den Druck auf die innerstädtischen Lagen nehmen.
Dabei wird oft übersehen, dass nur für einen kleinen Teil der Besserverdiener ein mobiles Arbeiten im Grünen machbar sein wird. Hinzu kommt, dass die meisten Beschäftigten gar nicht die persönlichen und räumlichen Voraussetzungen dafür mitbringen, zu Hause zu arbeiten. Übersehen wird auch, dass gutverdienende Haushalte, die anspruchsvollere mobilfähige Tätigkeiten ausüben, für die Homeoffice-Bereiche schon jetzt zusätzlichen von der Steuer absetzbaren innerstädtischen Wohnraum nachfragen, den sie problemlos auch finanzieren können. Diese Klientel wird von vielen Vermietern aus finanziellen Gründen gern gesehen, weil das Homeoffice endlich helfen könnte, die Grenze der Zweckentfremdung von Wohnraum für gewerbliche Zwecke zu verwischen. Anschließende Probleme bei der Anwendung des Mietenspiegels wären programmiert – gefolgt von einem noch schnelleren Anstieg der Mieten. Zu den Verlierern würden die Haushalte des Mittelstands, insbesondere mit Kindern, gehören. Die einen würden noch größere Probleme bei der Wohnungssuche bekommen und die anderen müssten gegen weiter stark steigende Bestandsmieten ankämpfen.
Eine nachhaltige Entspannung des Wohnungsmarkts bringt deshalb nicht das mobile Arbeiten, sondern der Neubau von bezahlbaren Wohnungen und die wirksame Begrenzung der Bestandsmieten. Sollte dies nicht gelingen, werden immer weniger der hart arbeitenden Durchschnittshaushalte das Wohnen in Hamburg bezahlen können. In letzter Konsequenz könnten sich nur noch Besserverdienende die Hansestadt leisten, und Menschen, deren Unterkunftskosten vom Jobcenter oder dem Grundsicherungsamt übernommen werden.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 4/2020: Der Mieterverein hilft durch die Krise

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2020 geht leider so unheilvoll zu Ende, wie es begonnen hat. Die Corona-Pandemie ist im Herbst mit voller Wucht zurückgekehrt, viel stärker als von vielen befürchtet. Auch Hamburg ist als Ballungsraum erwartungsgemäß nicht verschont geblieben. Die im Frühjahr schon als besorgniserregend angesehenen Zahlen der Neuinfizierten haben sich im November in der Hansestadt mehr als verdoppelt. Wie überlebenswichtig ein sicheres und bezahlbares Wohnen ist, merken viele erst jetzt, wo die Freizeitgestaltung und das Leben im öffentlichen Raum starken Reglementierungen ausgesetzt sind. Die stark gestiegene Nachfrage nach den angebotenen Beratungs- und Hilfeleistungen mag das nur unterstreichen.
Die Mitglieder des Mietervereins zu Hamburg können sich nach wie vor darauf verlassen, dass sie auch in schwierigen Zeiten Unterstützung und Hilfe ihres Vereins erhalten. Die Erweiterung der telefonischen Rechtsberatung und die Lösung der mietrechtlichen und tatsächlichen Fragen anhand der uns überlassenen Unterlagen durch die Juristinnen und Juristen der Rechtsabteilung haben dafür Sorge getragen, dass viele persönliche Beratungstermine von unseren Mitgliedern aus Vorsichtserwägungen nicht wahrgenommen werden mussten. Darüber hinaus stellt ein zum Schutz der Mitglieder und Vereinsmitarbeiter erarbeitetes Hygienekonzept in unserer Zentrale am Berliner Tor und in den Außenstellen in Altona, Eimsbüttel und Harburg sicher, dass auch die erforderlichen persönlichen Termine nach wie vor angeboten werden können.
Aber auch die Wahrnehmung der über die Einzelberatung hinausgehenden politischen Interessen der Mieterinnen und Mieter in Hamburg geht trotz der Pandemie weiter. So hat der Senat zum Beispiel bei der Reform der Grundsteuer die Bedenken des Mietervereins zu Hamburg aufgegriffen und zugesagt, bei dem angedachten Flächenmodell insbesondere die Interessen der Mieterhaushalte zu berücksichtigen. Erfolgreich war auch die erste Stufe der von unserem Verein unterstützten Volksinitiativen „Keine Profite mit Boden & Miete“. Herzlichen Dank an alle Mitglieder, die unterschrieben haben. Sollte es dem rot-grünen Senat mit der Zweidrittel-Mehrheit in der Bürgerschaft damit ernst sein, die zukünftige Wohnraumversorgung in Hamburg nachhaltig sicherzustellen und die Bodenpolitik zu verändern, dann deckt sich das auch mit den wesentlichen Anliegen der beiden Volksinitiativen. Auch sie wollen für bezahlbare Mieten sorgen und den Ausverkauf des städtischen Bodens beenden. Was liegt somit näher, als mit den Initiativen zu reden, um im politischen Diskurs das bisherige Bündnis für das Wohnen weiter zu entwickeln und um die Komponente der unbefristeten Preisbindung für Wohnungen, die auf städtischen Erbbaurechtsgrundstücken gebaut werden, zu erweitern.
Es lohnt sich deshalb, mit verhaltenem Optimismus und Zuversicht in die Zukunft zu schauen, weil auch ernsthaft damit zu rechnen ist, dass ab Anfang nächsten Jahres ein Impfstoff gegen das Corona-Virus verfügbar sein wird.
Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen ein besinnliches Weihnachten und vor allem ein gesundes, friedvolles und sorgenfreies Jahr 2021.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 3/2020: Mieten in Hamburg kaum noch bezahlbar

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
„Miete frisst Haushaltseinkommen. Deutsche Großstädte für Familien kaum bezahlbar“, diese zutreffende Nachricht wurde Mitte August in den Medien heiß diskutiert. Dabei handelt es sich nicht um ein neues, sondern ein altes, allerdings immer dringender werdendes Problem, das vom Mieterverein zu Hamburg seit Jahren angeprangert wird: Die rasant steigenden Mieten in Hamburg sind für immer mehr Mieterhaushalte unbezahlbar.
Auch wenn der Hamburger Senat einige der von uns geforderten Maßnahmen zur Begrenzung der Mieten auf den Weg gebracht hat – zu einer spürbaren Entlastung hat das leider nicht geführt. Dies bestätigt auch die Analyse des nicht gerade als Mieter-Sprachrohr bekannten Portals Immowelt. Demzufolge treiben die hohen Neuvertragsmieten in den deutschen Großstädten mittlerweile jede zweite Familie an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit.
Wie prekär die Lage gerade für Familien in Hamburg und in den anderen Großstädten ist, zeigt die durch das Portal ermittelte monatliche Belastung durch die Gesamtmiete der nach Berufsabschluss unterteilten Haushalte. Die als kritisch angesehene monatliche Belastungsgrenze von 30 Prozent des Gesamteinkommens wird in Hamburg von Haushalten mit akademischem Berufsabschluss mit 27 Prozent nur knapp unterschritten. Haushalte mit anerkanntem Berufsabschluss müssen demgegenüber schon 36 Prozent ihrer Einkommen für die Miete aufbringen. Besonders hart trifft es diejenigen ohne Berufsabschluss. Die Mietbelastung dieser Haushalte liegt bei 45 Prozent und mehr.
Man könnte fast alten Zeiten nachtrauern, wenn man in das 22. Heft der Statistik des Hamburgischen Staates für das Jahr 1901 blickt, in dem der Anstieg der Miete im Verhältnis zum Einkommen der unteren Einkommensstufen von 19,81 Prozent im Jahr 1868 auf 24,67 Prozent im Jahr 1901 belegt wird. Aus dieser Zeit stammt wohl auch die Regel, dass ein Mieterhaushalt nur dann als solvent angesehen wird, wenn die Miete nicht höher als der Wochenlohn ist. Mehr als 120 Jahre später hält sich kaum jemand daran, weil mittlerweile nicht einmal der Wochenlohn eines Akademikerhaushalts mit Kindern reicht, um die Monatsmiete zu bezahlen.
Auch wenn in der Hansestadt bundesweit die meisten Sozialwohnungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl gebaut werden, reicht das offenbar nicht aus. Durch Ablauf der Preisbindung geht die Zahl der geförderten Wohnungen weiter zurück. Hamburgs Mieterinnen und Mieter haben es in der Hand, für eine positive Wende auf Landesebene zu sorgen, indem sie die beiden Volksinitiativen gegen Bodenspekulation und günstige Mieten (siehe Seite 26) bis zum 18. Oktober mit ihren Unterschriften unterstützen. Weil das alleine den Anstieg der Mieten nicht verlangsamen wird, müssen die Bestands- und Neuvertragsmieten durch den Bundesgesetzgeber wirksam und verfassungskonform begrenzt werden.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 2/2020: Die Corona-Pandemie trifft Mieterhaushalte besonders stark

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
Themen wie Klimawandel, Wohnungsbau oder Verkehr, die Anfang des Jahres noch hoch im Kurs standen, bestimmen nicht mehr den allgemeinen Diskurs. Über Nacht ist das Corona-Virus nicht nur in Hamburg zu Recht in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – und die damit verbundenen Gesundheits- und Existenzgefahren für weite Teile der Bevölkerung sowie die gravierenden Beschränkungen für die Wirtschaft und unser Gemeinwesen. Auch wenn die vom Senat getroffenen Vorkehrungen und Maßnahmen im Nachhinein an der einen oder anderen Stelle kritisch hinterfragt werden können, haben sie sich doch als wirkungsvoll erwiesen und, soweit absehbar, zur Eindämmung der erfassten Neuinfizierungen geführt.
Besonders stark haben die Folgen der Corona-Pandemie Hamburgs Mieterhaushalte getroffen. Neben den Gesundheitsrisiken und berechtigten Ängsten waren sie als Bewohner von Mietshäusern mit zum Teil hundert und mehr Wohnungen den Folgen der Kontaktbeschränkungen erheblich stärker ausgesetzt als Eigentümer von Einfamilien- oder Reihenhäusern mit den dazugehörigen Gärten. Hinzu kamen die Sorgen um den möglichen Verlust der Wohnung, wenn durch Kurzarbeit oder Kündigung des Arbeitsplatzes das Geld für die Miete fehlt. Gut, dass der Gesetzgeber im ersten Schritt zügig handelte und neben der Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit beim Zahlungsverzug den betroffenen Mietern einen schnellen und unbürokratischen Zugang zur Übernahme der Wohnkosten durch die Jobcenter und Grundsicherungsämter ermöglichte (siehe Seite 5). Absehbar ist aber auch, dass noch weitere Maßnahmen erforderlich sein werden.
Für den Vorstand des Mietervereins zu Hamburg und die gesamte Belegschaft war deshalb sofort klar, dass in dieser Ausnahmesituation insbesondere Vereinsmitglieder, aber auch Hamburgs Mieterinnen und Mieter generell noch mehr als sonst auf die Information und Hilfe des Mietervereins angewiesen sein würden - und nicht alleine und hilflos sich selbst überlassen werden dürfen. Aus diesem Grund haben wir die Erreichbarkeit der Mitarbeiter erweitert und dafür Sorge getragen, dass betroffenen Mieterinnen und Mietern zügig per Telefon, E-Mail, Fax oder auch postalisch geholfen werden konnte (siehe Seite 24). Mein besonderer Dank gebührt an dieser Stelle allen Beschäftigten des Vereins, die mit ihrem Engagement und vorbildlichen Einsatz dies erst möglich gemacht haben. Nicht nur, dass damit die vorübergehenden Einschränkungen bei der persönlichen Beratung der Hilfesuchenden regelmäßig aufgefangen werden konnten. Die veränderten Arbeitsabläufe haben auch bei vielen Mitgliedern zu der Erkenntnis geführt, dass das digitale Zeitalter kompetenten Rechtsrat und Hilfe oft auch ohne persönliche Beratung ermöglicht.
Es bleibt zu hoffen, dass die Zahl der Neuinfektionen auch in Hamburg kontinuierlich weiter abnimmt und die Rückkehr zur Normalität vorsichtig Schritt für Schritt erfolgen kann.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 1/2020: Schluss mit Privatisierung von Grund und Boden

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
Hamburg hat gewählt. Die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Peter Tschentscher als stärkste Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft wird erneut den Ersten Bürgermeister stellen. Aus Mietersicht ist das eine gute Nachricht. Haben doch die seit 2011 SPD-geführten Senate eine Wende beim Wohnungsbau herbeigeführt. Das mit der Wohnungswirtschaft und den Bezirken initiierte und vom Mieterverein zu Hamburg unterstütze Bündnis für das Wohnen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass in den letzten neun Jahren rund 60.000 Wohnungen gebaut werden konnten.
Leider müssen wir aber auch feststellen, dass die Wohnungsbauoffensive trotz der neu gebauten 14.000 geförderten Wohnungen das Abschmelzen des Sozialwohnungsbestands von 350.000 im Jahr 1985 auf nunmehr 80.000 nicht verhindert hat. Hinzu kommen die schwindelerregenden Grundstückkosten und die galoppierenden Baupreise, die dazu führen, dass sich die meisten Hamburger Mieterhaushalte die neugebauten Wohnungen nicht leisten können. Die Stadt benötigt nicht nur viele neue, sondern vor allem bezahlbare Wohnungen. Wichtig ist aber auch, dass die Preisbindung der mit Steuergeldern errichteten geförderten Wohnungen nicht ausläuft. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der neue Senat den bisherigen Umgang mit städtischem Grund und Boden und der Wohnraumförderung neu ordnen.
Hamburg sollte deshalb möglichst schnell sicherstellen, dass die noch in städtischer Hand verbliebenen Flächen nicht mehr – wie bisher – privatisiert, sondern im Rahmen des Erbbaurechts vergeben werden. Auf diesen, der Bodenspekulation entzogenen Flächen können dann günstige Wohnungen mit unbefristeter Preisbindung entstehen. Nur so kann auch in der Zukunft in Hamburg das Wohnen bezahlbar bleiben.
Hans-Jochen Vogel, das 93-jährige Urgestein der SPD, hat uneingeschränkt recht, wenn er den bisher an Marktregeln orientierten Umgang mit Grund und Boden in Deutschland anprangert. Weil künftig das Allgemeinwohl im Vordergrund stehen sollte, unterstützt der Mieterverein die Volksinitiativen „Boden und Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten!“ und „Neubaumieten auf städtischen Grund – für immer günstig!“ (siehe Bericht Seite 27). Liebe Leserinnen und Leser des Mieter Journals, Sie haben es in der Hand, für mehr bezahlbaren Wohnraum in Hamburg zu sorgen: Unterstützten Sie bitte mit Ihrer Unterschrift die beiden Volksinitiativen, sprechen Sie auch Ihre Nachbarn, Freunde und Bekannte an und lassen Sie dem Mieterverein zu Hamburg die Listen zukommen! Tragen Sie mit Ihrer Unterschrift dazu bei, dass die Volksinis die erforderliche Zahl von jeweils 10.000 Unterschriften binnen sechs Monaten erreichen (die Vordrucke befinden sich in der Mitte dieses Hefts). So stellen Sie sicher, dass die Hamburgische Bürgerschaft die vorgeschlagene Neuordnung der Bodenpolitik und der Wohnraumförderung verbindlich im Plenum behandeln muss.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 4/2019: Mieten steigen langsamer

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
der neue Hamburger Mietenspiegel wird vielen Mieterhaushalten die Vorfreude auf ein entspanntes und besinnliches Weihnachtsfest kaum aufkommen lassen. Leider steigen die Bestandsmieten weiter, auch wenn etwas langsamer als in den vergangenen Jahren.
Obwohl es keinen Grund zur Entwarnung gibt, zeigt der gebremste Anstieg der Wohnraummieten, wie notwendig und wichtig die bisherigen Bemühungen des rot-grünen Senats waren und sind, sich im rechtlich zulässigen Rahmen für stärkeren Mieterschutz und mehr Wohnungsbau einzusetzen. Auch wenn aus Mietersicht kritisch hinterfragt werden kann, ob der Senat seine Aktivitäten rechtzeitig und mit der erforderlichen Intensität auf den Weg gebracht hat. Eines ist jedoch sicher: Hätte der Senat in der Vergangenheit dem Druck der Immobilienlobby nachgegeben und davon abgesehen, die Kappungsgrenze für Mieten herabzusetzen, die Mietpreisbremse zu erlassen, soziale Erhaltungsgebiete auszuweisen, die Vorkaufsrechte auszuüben und Wohnraumschutzbestimmungen zu erlassen, dann wären die Mieten noch höher und die Lage der Mieterinnen und Mieter in Hamburg ungleich schwieriger.
Zu begrüßen sind auch die Bemühungen Hamburgs über den Bundesrat, den Mietenanstieg zu reduzieren und den Kündigungsschutz der Mieter zu verbessern. Dabei erhält Hamburg Schützenhilfe sogar aus dem CSU-regierten Bayern. Was die Wohnungswirtschaft in Hamburg über Jahre verhindern konnte, hat Bayern Ende November im Bundesrat durchgesetzt. Der Bundesregierung wird endlich der Entwurf eines verschärften Paragraf 5 Wirtschaftsstrafgesetztes zugeleitet, mit dem überhöhte Mieten besser bekämpft werden können.
Die Akteure der Immobilienbranche sollten endlich einsehen, dass vernünftige Regelungen gegen überhöhte Mieten für einen funktionierenden Wohnungsmarkt und den sozialen Frieden unabdingbar sind und dem Beispiel des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder folgen. Ihre immer wieder laut werdende Drohung, das Bündnis für das Wohnen in Hamburg zu verlassen, ist kontraproduktiv. Gegner der Mietenregulierung sollten daran erinnert werden, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 21, 73/82 f.) die Sozialbindung des Grundeigentums besonders umfassend bei Wohnraum betont hat. Die Begrenzung der Wohnungsmieten begegnet dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn dadurch die Ausnutzung von Mangellagen auf dem Wohnungsmarkt verhindert werde. Eine derartige Nutzung des Eigentums genieße in Hinblick auf die soziale Bedeutung der Wohnung für die dort lebenden Menschen keinen verfassungsrechtlichen Schutz, stellten die Karlsruher Richter fest.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen ein besinnliches Weihnachten und vor allem ein gesundes, friedvolles Jahr 2020.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG
Ausgabe 3/2019: Steilvorlage der Kanzlerin für den Senat

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
vor drei Monaten versicherte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf dem 68. Deutschen Mietertag in Köln, dass bezahlbares Wohnen ganz oben auf der Agenda der Bundesregierung stehe. Sie betonte auch, dass ordnungsrechtliche Maßnahmen gegen überhöhte Mieten notwendig seien, „weil wir ansonsten den Dingen sehr schwer Herr werden“.
Eine bessere Steilvorlage für die von Hamburg aus seit Langem vorbereiteten und sich auf die Begrenzung des Mietenanstiegs beziehenden Bundesratsinitiativen hätte der rot-grüne Senat nicht bekommen können. Er sollte die Kanzlerin beim Wort nehmen und Regelungen zur Begrenzung des Mietenanstiegs im Bestand sowie wirksame Sanktionen gegen überhöhte Mieten als Gesetzesinitiative in den Bundesrat einbringen. Es ist offenkundig, dass bei einer gegen Null tendierenden Inflation die Kappungsgrenze von 15 Prozent für Mieterhöhungen innerhalb von drei Jahren am besten halbiert werden muss. Das gilt auch für überhöhte Mieten, die nur mit Sanktionen eines reformierten Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes bekämpft werden könnten. Der Senat sollte handeln und die Sache nicht weiter vor sich herschieben, weil die Wohnungswirtschaft an der Entlastung Hamburger Mieterhaushalte nicht interessiert ist und ihre Muskeln im „Bündnis für das Wohnen“ spielen lässt.
Dabei wäre jetzt der ideale Zeitpunkt für die Gesetzesinitiative, auch wenn die Rahmengesetzgebung für die Mietpreisbremse verschärft und bis 2025 verlängert werden soll. Dem Senat dürften mittlerweile die Ergebnisse der Hamburger Evaluation zur Durchschlagskraft der Verordnung in der Hansestadt vorliegen. Es ist zu erwarten, dass die bundesweit vorgenommene Untersuchung bestätigt wird: Demnach ist die vom Gesetzgeber erhoffte dämpfende Wirkung der Mietpreisbremse auf den Anstieg der Mieten entweder gar nicht oder nur im marginalen Umfang eingetreten. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn Mieter zu viel gezahlte Mieten für einen Zeitraum von bis zu 30 Monaten nach Vertragsschluss zurückfordern dürfen. Die Kanzlerin hat es auf den Punkt gebracht: Ohne wirksame ordnungsrechtliche Regeln gegen überhöhte Mieten ist das Problem nicht zu lösen! Dies sollte nicht nur der Hamburger Senat, sondern im eigenen Interesse auch die Wohnungswirtschaft endlich nachvollziehen.
Wer aus politischer Opportunität oder wegen kurzfristigen Gewinnstrebens vernünftige, den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft Rechnung tragende gesetzliche Korrekturen verhindert, nimmt die Sorgen der Bürger nicht ernst. Die Folge ist Politikverdrossenheit – ein fruchtbarer Nährboden für populistische „Heilsbringer”! Das sollten angesichts der Bürgerschaftswahl Anfang 2020 vor allem diejenigen bedenken, die für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt die politische und gesellschaftliche Verantwortung tragen.
Ihr Siegmund Chychla
Vorsitzender MIETERVEREIN ZU HAMBURG